TPA Romania: das RO e-Transport-System sollte abgeschafft werden, da es gegen internationale Vorschriften verstößt

10. Juli 2024 | Reading Time: 6 Min

„Das RO e-Transport-System sollte vollständig abgeschafft oder zumindest die entsprechenden Rechtsvorschriften umfassend geändert werden, damit das Meldeverfahren zur Erlangung von ITU-Codes nicht länger einen beträchtlichen Verwaltungsaufwand für Unternehmen darstellt, die derzeit erhebliche personelle und technische Ressourcen für die Einhaltung der Vorschriften abstellen müssen. Dies steht in klarem Widerspruch zu den Abkommen, Richtlinien und Verordnungen der Europäischen Union sowie zum Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, zumal Rumänien bereits über alternative Maßnahmen zur Bekämpfung des Steuerbetrugs im internationalen Handel verfügt“, befindet Alexandru Pop, Tax Manager bei TPA Romania – einem auf Buchhaltung, Steuer- sowie Rechtsberatung und Wirtschaftsprüfung spezialisierten, marktführenden Unternehmen in Mittel- und Osteuropa.

Die Experten der TPA Romania haben die Stellungnahme „The RO e-Transport system in the context of EU and international regulations“ („Das rumänische e-Transport-System im Kontext der EU- und internationalen Vorschriften“) verfasst und der Kenntnisnahme, Prüfung und Beurteilung durch die Europäischen Behörden unterworfen, in der die Unvereinbarkeit des rumänischen e-Transport-Systems mit den Abkommen, Richtlinien und Vorschriften der Europäischen Union dargelegt wird. Die Stellungnahme führt nicht nur die nachteiligen Auswirkungen auf das rumänische Unternehmertum und Geschäftsumfeld auf, sondern bietet auch konkrete Lösungsvorschläge zur Verbesserung der Sachlage.

„Das RO e-Transport-System wurde als Mechanismus zur Betrugsbekämpfung und zur Verringerung der Mehrwertsteuerlücke konzipiert und eingeführt. Eines seiner Hauptziele, gemäß der Regierungseilverordnung Nr. 41/2022 („OUG Nr. 41/2022″), ist die Verbesserung der Steuererhebung, insbesondere der Umsatzsteuer, als Einnahmequelle für den Staatshaushalt. Doch verstößt das RO e-Transport-System gegen die – oder ist völlig unvereinbar mit den – internationalen Grundsätzen, die dem EU-Binnenmarkt zugrunde liegen: Verhältnismäßigkeit, freier Warenverkehr innerhalb der EU, Abschaffung von Kontrollen und Prüfverfahren an den Grenzen der EU-Mitgliedstaaten im Rahmen des Schengener Grenzkodex. Hinzu kommt das Beispiel Ungarns, gegen das 2017 ein Vertragsverletzungsverfahren wegen eines Meldesystems eingeleitet wurde, das dem von RO e-Transport in Rumänien umgesetzten ähnelt. Obwohl das ungarische System einfacher gestaltet war als das rumänische, kam die Europäische Kommission zu dem Schluss, dass die Vorschriften gegen die Grundsätze der Neutralität und Verhältnismäßigkeit sowie gegen die unternehmerische Freiheit verstoßen – eine Freiheit, die durch die EU-Grundrechtecharta garantiert wird“, führt Sorana Cernea, Managing Partner TPA Romania, aus.

Die RO e-Transport-, RO e-Factura- und SAF-T-Systeme sind Teil der beschleunigten Digitalisierungsbemühungen der rumänischen Steuerverwaltung und werden von der Landesregierung zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung unterstützt. Ursprüngliches Ziel der Regierungseilverordnung Nr. 41/2022 war es, sich ausschließlich auf Güter mit hohem Steuerrisiko zu fokussieren. Dennoch weitete die jew. Verordnung die Pflichten der RO e-Transport- Systemnutzer auf Güter aus, die als nicht mit hohem Steuerrisiko behaftet gelten. Eine Nichtübereinstimmung der Registrierung/Meldedaten der Güter kann, für juristische Personen, zu Geldbußen zwischen 20.000,00 und 100.000,00 RON und zur Einziehung des Wertersatzes nicht gemeldeter Güter führen.

Die Fachleute von TPA Romania konnten aus der jüngsten Geschäftspraxis klar erkennen, dass das gesamte Compliance-Verfahren einen hohen Verwaltungsaufwand mit sich bringt. Die Beaufsichtigung und zeitgerechte Eingabe/Meldung der vorgeschriebenen Daten im System erfordert offensichtlich erhebliche personelle und technische Ressourcen. Um den Meldepflichten nachkommen zu können, ist dieser Vorgang für größere Unternehmen mit hohen Kosten und Anpassungen der IT-Infrastruktur verbunden. Darüber hinaus kann es in manchen Situationen dazu kommen, dass diese Ressourcen rund um die Uhr bereit zu halten sind, um Änderungen vorzunehmen oder ITU-Codes zu erlangen, vor dem Hintergrund der Unvorhersehbarkeit der Grenzwartezeiten oder der objektiverweise notwendig werdenden Fahrzeugwechsel; und all dies nicht selten außerhalb der normalen Arbeitszeiten.

Überdies stellten unsere Experten fest, dass die verfügbaren Rechtsvorschriften und Leitlinien sowohl unklar als auch unvollständig sind und die zahlreichen, in der Praxis häufig auftretenden Situationen nicht abdecken. Zudem stehen Unternehmen vor spezifischen Herausforderungen bei innergemeinschaftlichen, aufgrund von Incoterms getätigten Erwerbungen, wie z.B. DDP/DAP, bei denen die ausländischen Lieferanten mit der Beförderung beauftragt sind, so dass rumänische Unternehmen für die Erfüllung der nationalen Compliance-Verfahren auf Dritte angewiesen sind.

„Bei der Analyse aller Daten, die für die Generierung bzw. Vergabe des ITU-Codes benötigt werden, kann davon ausgegangen werden, dass ausländische Lieferanten richtig zögern könnten, ihrer Erfüllungspflicht nachzukommen, weil sie dadurch ihre Ressourcen für diesen Informationsfluss beanspruchen würden. Und außerdem wirken sich diese Hindernisse äußerst negativ auf gesetzestreue Unternehmen aus, da häufig Situationen vorkommen, die überhaupt nicht oder aber nicht ordnungsgemäß gemeldet werden können. Solche Umstände setzen Wirtschaftsteilnehmer der Gefahr der Verhängung gesetzlich vorgeschriebener Geldbußen aus, die oft überhöht sind und nicht zwangsläufig nur die widerrechtlich Handelnden – für die dieser Rechtsrahmen eigentlich geschaffen wurde – abstrafen“, erläutert Alexandru Pop, Tax Manager von TPA Romania.

In Rumänien – als auch auf EU-Ebene – wurden bereits alternative Maßnahmen zu diesen erweiterten Meldepflichten, wie sie das RO e-Transport System vorsieht, eingeführt. Zum Beispiel wurden mit den ‚Quick Fix‘-(MiFID)-Vorgaben von 2020 zusätzliche Anforderungen für innergemeinschaftliche Transaktionen und für die Umsatzsteuerfreiheit für diese Lieferungen eingeführt; dies führte Änderungen im nationalen Recht herbei, um diese EU-Regelungen gerecht zu werden.

„Ein Unternehmen kann sich in einer Situation vorfinden, in der es die EU-Regelungen in vollem Umfang beachtet und dabei, gleichzeitig, einer nationalen Vorschrift nicht nachkommt. Dies beeinträchtigt massiv den innergemeinschaftlichen Handel und schafft Unsicherheit für das Geschäftsumfeld, zumal die nationale Vorschrift nicht mit den EU-Verträgen und Verordnungen zum freien Handel harmonisiert ist. Ferner schafft der rumänische Gesetzgeber mit der Verpflichtung, das RO e-Transport-System zu nutzen, ein Hindernis für Unternehmen, die Waren aus anderen Mitgliedstaaten importieren möchten. Obwohl das RO e-Transport-System als eine vor der Beförderung zu erledigende Formalität geschaffen wurde, führt es in der Praxis zu Verzögerungen und erwirkt zusätzliche Kontrollen an der rumänischen Grenze zu anderen EU-Mitgliedstaaten. Jedes von einem Mitgliedstaat gegen den freien Warenverkehr innerhalb der EU errichtete Hindernis stellt einen Verstoß gegen den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union dar“, meint Dan Iliescu, Legal Partner von TPA Romania.

Nicht zuletzt mangelt es auch an Vorhersehbarkeit hinsichtlich des Verzeichnisses der Waren mit hohem Steuerrisiko. Diese wird durch Erlass des Präsidenten der Nationalagentur für Steuerverwaltung festgelegt und kann einfach abgeändert werden. Schon nach der kurzen Zeit seit dem Inkrafttreten der Regierungseilverordnung Nr. 41/2022 wird vorgeschlagen, das Verzeichnis der Waren mit hohem Steuerrisiko abzuändern (ein Erlassentwurf wurde bereits im April, im Rahmen der Entscheidungstransparenz, veröffentlicht), um es somit, anlässlich „des durch die jüngsten Kontrollmaßnahmen der Steuerbehörden festgestellten Steuerrisikos“ zu aktualisieren. Die Experten der TPA sind der Auffassung, dass, um dieses Verzeichnis auf nationaler Ebene relevant zu machen, das Risiko über einen längeren Zeitraum analysiert werden sollte; und wenn das e-Transport-System auch danach aufrechterhalten werden soll, so sollte das Verzeichnis durch Regierungsbeschluss, auf der Basis einer gründlichen Analyse der Zweck- und Verhältnismäßigkeit der Aufnahme einer Warenart in das Verzeichnis, genehmigt werden, um somit die pauschale Abstrafung eines gesamten Wirtschaftszweiges anhand eines von den Behörden festgestellten Einzelfalls abzuwenden.

„Obwohl es zur Bekämpfung des Steuerbetrugs entwickelt wurde, bringt das RO e-Transport-System signifikante rechtliche und wirtschaftliche Belastungen für Unternehmen mit sich. Eine Angleichung dessen an die EU-Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des freien Warenverkehrs ist von entscheidender Bedeutung. Die politischen Entscheidungsträger sollten die vollständige Abschaffung oder zumindest eine Überarbeitung des Systems in Erwägung ziehen, um somit den damit einhergehenden Verwaltungsaufwand zu minimieren. Im Gegenzug sollten Unternehmen Strategien entwickeln, um das Meldeverfahren effektiv zu verwalten. Als Steuerfachleute und Finanzexperten sind wir uns durchaus der Notwendigkeit bewusst, dass Steuerhinterziehung und -betrug effektiv bekämpft werden müssen; jedoch rechtfertigt dieses Oberziel nicht die Umsetzung des RO e-Transport-Systems per Eilverordnung, ohne den verfassungsmäßigen Gesetzgebungsprozess zu durchlaufen und ohne die praktischen Auswirkungen auf das Unternehmensumfeld zu dokumentieren und zu begreifen“, schließt Sorana Cernea, Managing Partner von TPA Romania.

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