Ideen und Techniken für die Verhandlung von gewerblichen Mietverträgen

11. September 2024 | Reading Time: 3 Min

Sie möchten eine Fläche in einem Einkaufszentrum mieten, doch der vom Vermieter vorgelegte Mietvertrag versetzt Sie in ein Gefühl des Faustschen Teufelspakts hinein? Sie haben den Eindruck, dass auf Sie nur Pflichten zukommen und Ihnen vertraglich keine Rechte zustehen? Im Folgenden finden Sie 10 Verhandlungsideen und -techniken für die Herbeiführung eines ausgewogenen, fairen Vertrags, die ich Ihnen aus der Perspektive von mehr als 15 Jahren Erfahrung mit gewerblichen Mietverträgen empfehlen darf:

  1. Verzichten Sie nicht bedingungslos auf die dem Mieter gesetzlich eingeräumten Rechte – das Vorzugsrecht zu gleichen Bedingungen für einen neuen Mietvertrag nach Ablauf des ursprünglichen Mietvertrags (ja, das gilt auch für gewerbliche Mietverhältnisse, nicht nur für Wohnungsmietverträge), das das Recht, sich auf Unvorhersehbarkeit (Wegfall oder der Störung der Geschäftsgrundlage) zu berufen, um die Mietkosten unter bestimmten Bedingungen neu zu verhandeln usw.. Nutzen Sie diese Rechte als Verhandlungsmasse, um vom Vermieter Zugeständnisse zu erlangen – längere mietfreie Zeit, zusätzliche Vermieterbeteiligung an den Einrichtungs-/Ausbaukosten, etc.
  1. Legen Sie die Instandhaltungs- und Reparaturverpflichtungen des Vermieters sehr deutlich und genau fest (möglicherweise in einem Nachtrag), mit Höchstfristen für die Fertigstellung sowie Mietminderung / -befreiung für die Einschränkung / den Entzug der Nutzung während dieser Wartungs- / Mängelbehebungsarbeiten (oberhalb einer vernünftigen, zumutbaren Grenze).
  1. Behalten Sie sich ein Rücktrittsrecht (einseitige Sonderkündigung) zu einem bestimmten Zeitpunkt während der Vertragslaufzeit, unter angemessener Fristsetzung aber ohne Vertragsstrafe, vor und stellen Sie sicher, dass der Vermieter seinen Beitrag zur Einrichtung/Ausbau der Räumlichkeit – bei Rücktrittserklärung – nicht (auch nicht anteilig) zurückfordern kann.
  1. Bestehen Sie auf einer Klausel, die Ihnen die Möglichkeit des Austritts aus dem Vertrag einräumt, wenn das Einkaufszentrum die zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung vorhandene Mieterstruktur (die Vertragsbestimmung dürfte an das Vorhandensein eines Hypermarktes, eines großen Baumarktes, einer internationalen Fast-Food-Kette usw. geknüpft sein) nicht beibehält und der die Lukrativität erzeugende Mieter nicht innerhalb zumutbarer Zeit durch einen gleichwertigen ersetzt wird.
  1. Fordern Sie eine anteilige Mietminderung vertraglich ein, für den Fall, dass die Auslastung des Einkaufszentrums unter einen bestimmten Prozentsatz fällt und sich der Belegungsgrad nicht innerhalb eines bestimmten Zeitraums erholt
  1. Akzeptieren Sie keinen Standortwechsel innerhalb des Einkaufszentrums auf die willkürliche Veranlassung des Vermieters, es sei denn, die angebotene neue Räumlichkeit ist in Bezug auf Fläche, Gewinnträchtigkeit und Zugangswege vergleichbar und die gesamte Umzugslogistik geht zu Lasten des Vermieters; fordern Sie zudem eine Entschädigung für den Zeitraum, in dem der Umsatz durch die Verlagerung beeinträchtigt wurde.
  1. Handeln Sie eine Höchstgrenze für die Erhöhung der – aufgrund der Schätzung des Vermieters, bis zur Jahresverrechnung zu begleichenden – Gemeinschaftskosten sowie eine Höchstgrenze für die jährliche Anpassung der Mietkosten aus.
  1. Vergewissern Sie sich, dass Sie sich die Zustimmung des Vermieters zur Begründung Ihres/r Geschäftssitzes / Zweigstelle / Betriebsstätte in der jew. Mieträumlichkeit sowie zur Vormerkung des Mietvertrags (im Grundbuch) vertraglich gesichert haben.
  1. Nehmen Sie die Verpflichtung des Vermieters in den Vertrag auf, Ihnen innerhalb einer angemessenen Frist sämtliche für die Genehmigung ihrer Tätigkeit in den Mieträumlichkeiten erforderlichen, sowie überhaupt alle von den zuständigen Behörden verlangten Unterlagen zur Verfügung zu stellen.
  1. Setzen Sie, wenn und wo möglich, die Verhandlungstechnik der „Spiegelung“ für Vertragsstrafen, Sanktionen, Rechtsverzichte und Haftungsverschärfungen ein – all dies sollte für beide Vertragsparteien einfach und einheitlich sein.

Zu guter Letzt und vielleicht am wichtigsten: bevor Sie den Vertrag unterschreiben, vergewissern Sie sich, dass Sie ihn vollständig verstanden haben und lassen Sie sich die unklaren Stellen von den Anwälten des Vermieters erläutern, einschließlich durch konkrete praktische Beispiele. Sie könnten durchaus feststellen, dass bestimmte Vertragsklauseln eigentlich direkt aus dem angelsächsischen Gewohnheitsrecht übernommen und im Vertrag auf Biegen und Brechen eingezwängt wurden und sehr oft vom Immunsystem des einheimischen Rechts abgewehrt werden.

Ihre Ansprechpersonen